Rollator

Rollator in die Freiheit

Im Nachbarland Holland ist vieles anders.  Offensichtlich auch der Umgang mit der Mühsal des Alters. Mit Erstaunen beobachtete ich im Sommerurlaub mehr als einmal ältere Damen, chic gekleidet und geschmückt, an einem farbenfrohen Rollator über die holprigen Pflastersteine schreiten. Erst auf den zweiten Blick konnte man erkennen, dass die Fahrerin tatsächlich noch gar nicht so alt war. Scheinbar verursacht im Königreich die Benutzung dieses Hilfsmittels keinen Imageschaden. Meine Schwiegermutter empfindet die bloße Empfehlung als beleidigend. Selbst in den eigenen vier Wänden klammert sie sich lieber von Möbelkante zu Möbelkante. Und wird dabei immer träger. In der Öffentlichkeit sind für sie Rollator, Gehstock oder Rollstuhl ein absolutes No-Go. Was denken auch die Nachbarn? Sie ist doch (mit ihren 83) keine alte Schachtel! Deshalb kommt sie auch nicht mehr aus dem Haus und unter Leute.

Dabei können diese wendigen Helfer eine kolossale Befreiung sein. Und ähnlich wie bei den einstmals aufs Minimum reduzierten Baby-Buggys hat sich auch bei den Rollis einiges getan. Von der ehemals hässlichen Notwendigkeit hat sich der Rollator zu einem durchdachten Alltagsbegleiter entwickelt. Wer seinen Nutzen erkennt, genießt ein neues Sicherheitsgefühl und geht äußerlich wie innerlich wieder aufrecht. Kann sich wieder bewegen. Dank Einkaufstaschen oder Netze gelingt auch der kleine Einkauf. Mit Licht, Reflektoren, Ankipphilfe und Feststellbremse sind die meisten Modelle gut ausgestattet. Und für ein Päuschen in der Frühlingssonne gibt es einen Sitz samt gepolsterter Rückenlehne.

Davon will Schwiegermutter aber nix wissen. Noch hat sie ja den Opa, der ihr alles hinterherträgt, weil sie sich überall festhalten muss. Dabei gäbe es ja auch grazile Indoor-Modelle mit Tablett. Damit könnte sie ihren Kaffee und Kuchen selbst auftischen. Aber ich glaube, das ist auch ein bisschen Genugtuung für 60 Jahre Bier-aus-dem-Keller-holen.