17 hab sonne im herzen inges dinge hallo

Hab Sonne im Herzen

Früher war alles besser. Das Radio. Das Wetter. Ach ja, das Wetter. Damals, als man noch wochenlang an haushohen Schneewänden entlang in kratzigen Wollhosen mindestens 5 km zur Schule gehen musste. Und zu Ostern gab es Söckchen/Sommerreifen. Und der Sommer, der war länger als die Schulferien, und die waren gefühlte 3 Monate lang.

Heute, Anfang Mai, hat es am Vormittag ein bisschen geregnet. Die Vergissmeinnicht konnten sich gar nicht so schnell aufrichten, da war’s auch schon vorbei. Im Radio hieß es zuvor als Ankündigung: für alle, die die ganze Woche hart arbeiten müssen haben wir keine guten Nachrichten für’s Wochenende, die Sonne kommt nicht überall durch, örtliche Schauer. Da kann man ja das ganze Wochenende voll vergessen! Echt jetzt. Endlich war’s mal sonnig und warm, vor allem nach diesem gnadenlosen Winter, in dem sich auf meiner neuwertigen Schneeschaufel eine dicke Staubschicht gebildet hat. Am besten gleich aufhängen.

Das sagen die im Radio ja so nicht, aber neutrales, normales, Durchschnittswetter, Allerweltswetter, 08/15-Wetter ist ihnen einfach zu wenig. Drama, Baby, Drama. Wenn draußen nicht ab Mitte Februar durchgängig bis zum Nationalfeiertag satte 28°C herrschen, dann war der Sommer nix. Wie kleine Kinder beim Essen: der Höhepunkt sind Eierkuchen mit Kompott und an allen anderen Tagen wird im Teller herumgestochert und gemault. In Ermangelung anständiger, redaktioneller Beiträge blasen sie im Radio die Wettermücke zum Wetterelefanten auf. Nix gegen die Wetterfrösche, die haben einen interessanten Job und mögen „ihr“ Wetter wahrscheinlich in jeder Form. Die Moderatoren sind es, die an jedem Tag, der nicht schon stahlblau beginnt sofort „och, Menno!“ rufen. Und das stündlich. Oder öfter. Und als wären diese „Hiobsbotschaften“ nicht schon schlimm genug, bastelt man auch noch mit mehr oder weniger komödiantischem Talent flache Spässkens drum herum.

Mein Blick aus dem Fenster: heute brauch ich KEINE JACKE, das wird ein guter Tag! Da darf’s dann auch zwischen drin mal regnen. Im Radio heißt es dazu: alle, die noch ins Straßencafé sitzen möchten, jetzt aber nix wie los, ab Freitag geht sowieso schon wieder die Welt unter (bewölkt, 20°C). Weht am Samstag dann eine frische Frühlingsbrise (ein bisschen windig, aber immer noch angenehme 21°C), dann ist das offenbar der perfekte Tag, endlich mal den Keller/den begehbaren Kleiderschrank/die Kontoauszüge 2012/13 aufzuräumen. Besser, man wirft zusätzlich noch ein bisschen Antidepressiva ein. Da hat man sich nämlich jetzt ganz umsonst die Beine rasiert.

Und als wäre das Gejammer übers Wetter nicht schon deprimierend genug, folgt die Pollendurchsage. Zugegeben: das Schicksal war mir hold, bis jetzt habe ich nur eine Allergie gegen rappende Gangsta-Pubis ausgebildet, aber als Laie frage ich mich: spüren das die Betroffenen selbst nicht eh schon vorher? Und wenn nicht, bleiben sie dann nach der Durchsage zuhause? Steht dann auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Erle, Esche, Birke?

Macht ja nix, fürs Straßencafé ist es laut Radio sowieso viel zu kalt. Scheißwetter, echt.