Lifestyle Essen

Lifestyle Essen

Als Teenager habe ich, wie alle anderen, den Zeitgeist als absolute Wahrheit verinnerlicht: Mit den Erkenntnissen der grünen Bewegung werden sich zukünftige Generationen besser um ihre Erde sorgen und jeden Schnipsel Papier sammeln! Heute verbrauchen deutsche Kaffeetrinker jährlich 6 Milliarden To-Go-Becher und werfen 4000 t Alu-Kaffee-Kapseln in den Müll. Vermutlich gibt es die entsprechenden Kaffeemaschinen sogar in dem ein oder anderen grünen Parteibüro.

Angesichts Norwegerpulli strickender, frauenverstehender, kommunikativer Lebensabschnittgefährten waren wir überzeugt, dass die Machos (wie unsere Väter welche waren) auf dem Rückzug wären. Heute bringt die moderne Frau das Kind (meist selbst) in die Kita, geht Vollzeit arbeiten, lässt zuhause andere putzen (in der Regel eine Frau) und ihr Partner hat selten einen anderen Alltag, als mein Vater Jahrzehnte zuvor (Elternabende, Flötenvorspiel und Wäsche sortieren sind einfach nicht sein Ding).

Und wo werden sie in 20 Jahren sein, die Vegetarier, Ovo-und/oder-Lacto-Vegetarier, Veganer, Flexitarier und Pescetarier?

Generationen mussten essen, was auf den Tisch kam. Dazwischen gab es Zeiten, da hat sich die Diskussion erübrigt und man hat gegessen, was überhaupt zu kriegen war. Heute leben wir in unseren Breiten in einem Schlaraffenland, in Fülle und Vielfalt. Und weil das immer überfordert, muss man das Ganze reglementieren. Außerdem verdirbt einem das Wissen über die Art und Weise der Fleischproduktion, für 82 Millionen Menschen allein bei uns, tatsächlich den Appetit auf Schnitzel. Das allein ist Grund genug, seine Lebensweise zu überdenken. Dabei sind es offenbar weniger, als man denkt, nur knapp 6,9 Millionen Menschen in Deutschland essen laut dem deutschen Vegetarierbund fleischlos. Abgesehen von der Rücksicht auf das Tier oder die Angst um den Planeten beim Blick auf den Klimawandel, geht es vielen Menschen damit einfach körperlich besser. Und schließlich sind da noch die Opportunisten, die auch mitreden und sich beim Quartier-Grillen nicht blamieren wollen.

Und bei manchen ist es mehr, als gesundes Essen und Umweltschutz – es wird zum Statement. Und wie so oft bei Leidenschaften, erfüllt es manchem eine religiöse Hingabe, von der die Volkskirchen nur träumen können. Geradezu orthodox geht mancher zu Werke. Und wie bei jeder ordentlichen Religion lebt das Ganze auch immer von ein bisschen Angstmacherei, Mission und Abgrenzung von den Ungläubigen. Das sind, glaube ich, dieselben, die seinerzeit ohne Traumfänger nicht einschlafen konnten und schon beim Himalaya-Salz und Feng-Shui alles gegeben haben.