Bei aller Freundschaft

Bei aller Freundschaft

Kaffeenachmittag. Ein Tisch voller Mädels erörtert sachlich und objektiv Vorgänge in der kommunalen Gesellschaft.

Da tönt es unvermutet: „Meine Damen, wer hat am Donnerstagabend Zeit?“ Das ist eine Falle. Versuche, zum vorigen Thema zurückzukehren. „Ich brauch dringend noch jemand für meine Putzlumpenparty“. Wusst ich’s doch. Allgemeines Stöhnen. Alles wiegelt ab. Die Fragestellerin, nennen wir sie Heike, gibt nicht so schnell auf: „Jetzt kommt schon, ihr müsst auch gar nichts kaufen!“. Wissen wir schon. „Ich muss mindestens fünf Gäste beibringen“. Wissen wir auch schon. „Es gibt auch für jeden Gast ein Geschenk, egal, ob er was kauft!“.

Toll. Ganz sicher werde ich meinen Donnerstagabend nicht für ein Gratis-Set Sudoku-Lappen, oder wie die Dinger heißen, verplempern, in dem ich mir Glaubensbekenntnisse kopfgewaschener Hygiene-Missionare anhöre. Dabei sollen es ja die DIE Putzlappen schlechthin sein. Es gibt nix besseres! In Nullkommanix saubere Fenster! Und diese Erkenntnis muss erstmal in die Welt. Wie bei all den anderen Wundermitteln und -geräten. Ich werde aber meine Fensterputz-Intervalle nicht erhöhen, nur weil es jetzt angeblich viel schneller und besser geht. Und für max. dreimal im Jahr reicht auch das alte Equipment. Ich werde nicht mehr Kuchen backen (und essen), weil die super Hightech-Maschine alles alleine macht (fast, das Eiertrennen und hinterher aufräumen haben sie noch nicht im Griff).

Fahrlässig verzichte ich auch gerne auf jedwede Harmonie, Balance und positive Energie durch Magnetschmuck-Voodoo. Wenn man bedenkt, dass die Wohnzimmer-Drücker erstmal einen ganzen Haufen negative Energie freisetzen bei denen, die sich von ihnen bedrängt und belästigt fühlen. Da reichen keine fünf Armbänder, um das wieder ins Lot zu bringen.
Man wundert sich, dass das immer wieder funktioniert. Ob Nonisaft, Himalayasalz, Traumfänger, Heilsteine oder Energiepyramide – die Wellen schwappen übers Land und – siehe da – plötzlich geht es wieder ohne.

Selbst ansonsten nüchterne Kaufleute, wie mein Vater einer war, fielen schon den Heilsversprechern anheim. Aber mehr beeindruckt war er einst von der Aussicht auf rosige Zeiten durch „außergewöhnliche Verdienstmöglichkeiten“. Die Schneeballpyramide skizzierte er mir seinerzeit auf den Bestellblock der Bedienung im Restaurant. Seine Augen strahlten. Fassungslos über seine Verblendung wand ich mich damals – mit 20 – aus der Affäre. Kurze Zeit später saß er da, in einer mit Putzmitteln (u. ä.) gefüllten Garage. Bis dahin hatte er schon etliche Verwandten und Freunde teils mittel-, teils langfristig vergrault.

Die Produkte mögen im Einzelfall in Ordnung sein, abgesehen davon, dass es im stillen Kämmerlein keine Preisvergleiche gibt. Die Art und Weise bleibt für mich indiskutabel. Das dreisteste auf diesem Gebiet hatte eine Freundin vor Jahren erlebt. Sie wurde von einer Nachbarin anlässlich deren Geburtstags zum Essen eingeladen. In das beliebteste Gasthaus im Ort.
Bei dem Alleinunterhalter während des Essens handelte es sich um einen Steppdeckenverkäufer.