online-dating im selbstversuch

Online-Dating im Selbstversuch

Etwas geziert hatte ich mich ja schon. „Wir haben uns beim Einkaufen kennen gelernt. Peter griff zufällig zur gleichen Melone im Regal wie ich und schon hatte es gefunkt! Er strahlte mich mit seinen blauen Augen an und ich war sofort hin und weg. Elektrisiert. Umgehauen“. So hatte ich mir das immer vorgestellt, wenn ich meinen Traumprinzen treffe. Spontan und zufällig, wenn man gar nicht damit rechnet. Dann schlägt das Schicksal zu und schickt mir den Richtigen.

Drei Jahre hab ich jetzt auf Mister Right gewartet. Am Gemüseregal. An der Autowaschanlage. Beim Spanisch-Kurs an der Volkshochschule. Ich hab mir sogar schon von meiner Schwester den Hund ausgeliehen und bin mit ihm Gassi gegangen. Weil man angeblich auf dem Hundeplatz so viele tolle Männer trifft. Außer ein paar verdreckten Stiefeln habe ich nichts mit nach Hause gebracht.

Doch jetzt ist Schluss mit dem Herumgestehe, Anfang des Monats habe ich mein Schicksal selber in die Hand genommen. Und mich angemeldet. Zum Daten – Online. Bei Parship.

Mit 38 Prozentiger Erfolgsquote wirbt das Unternehmen, das ist besser als Lotto zu spielen dachte ich mir. Doch bevor ich mich in das Haifischbecken wage, frage ich meine Freundin Moni, damit wir zusammen ein schönes Foto von mir suchen. Moni ist nicht nur ein guter Kumpel und hat immer Zeit für mich, sie ist vor allem: ehrlich. Und genau das will ich auch sein. Von Freundinnen, die mal bei kostenlosen Flirtportalen vorbeigeschaut haben weiß ich, dass eigentlich fast jeder im Internet lügt. Über seine Größe. Über sein Alter. Und das ganze Drumherum.

Mein Credo:

Ehrlichkeit! Was soll das denn bringen, wenn das Gegenüber eine angekündigte  1.83-Meter-Blondine erwartet und dann komme ich mit meinen Hundertfünfundsechzig Zentimetern um die Ecke? Ehrlichkeit erwarte ich auch von meinem zukünftigen Partner. Deshalb fliegen die ganzen selbsternannten Brad Pitts mit dem IQ von Albert Einstein, dem Bankkonto von Bill Gates, dem Charme von  Ulli Wickert und der Genialität von Steve Jobs auch schon direkt raus. Für mich ist weder Geld noch Status wichtig. Es muss einfach der Richtige sein, ein Mann, der zu mir passt und mich akzeptiert, so wie ich bin. Die Männer, die sich anders darstellen, als sie sind, würden mich wahrscheinlich auch aus ihrer Liste der potentiellen Kandidatinnen streichen. Also schwinge ich den Rotstift.

„Du bist ganz schön wählerisch“, meint Moni. Trotzdem blieben eine Menge Frösche bei Parship übrig. Kein Wunder, bei rund 23 000 Neuanmeldungen jede Woche. Und: Mir werden Männer vorgeschlagen, die auf Grund meiner Interessen und meiner Erwartungen ideal für mich sein sollen. Leichter geht’s nicht mehr, da war der Gang auf den Hundeplatz anstrengender. Und nicht so erfolgreich.

Keinen Tag lang bin ich angemeldet, da flattern schon die ersten Briefe in mein Postfach. „Hallo süße Maus“, „Na, wie geht’s“ und „Na Schätzchen!??!!??“ überlese ich einfach, da ich kein Nagetier bin und etwas mehr Konversation mit weniger Satzzeichen bevorzuge. Trotzdem ergibt sich ein netter Briefwechsel mit „Kolumbus76“: Er mag Amerika, geht regelmäßig Joggen, ist Verwaltungsfachangestellter beim Straßenverkehrsamt und auch sonst ganz nett. Samstag treffen wir uns, beim Inder. Ich bin mal gespannt.

Aber angemeldet bleib ich trotzdem.