Endlich klar sehen

Endlich klar sehen: Hilfsmittel für Menschen mit Rot-Grün-Sehschwäche

Wenn sie nach dem wichtigsten Sinnesorgan gefragt werden, würden die meisten Menschen wohl das Auge nennen. Der Verlust des Augenlichts ist für uns nur schwer vorstellbar, aber auch eine bloße Einschränkung des Sehvermögens würde viele Menschen in ihrem Job vor große Probleme stellen. Man muss sich dazu nicht mit jemandem vergleichen, der etwa Sichtprüfungen nach DIN EN 13018 vornimmt, oder mit einem Augenarzt. Du arbeitest in deinem Job am Computer? Dann sind deine Augen dein wichtigstes Gut.

Der Begriff „Farbenblindheit“ wird falsch verwendet

Schon geringfügige Störungen des Sehvermögens können uns erheblich beeinträchtigen. Die Rot-Grün-Sehschwäche, meist falsch als „Farbenblindheit“ bezeichnet, bei der der Unterschied zwischen Rot und Grün verschwimmt, ist hingegen eher unproblematisch. (Das mit dem Begriff „Farbenblindheit“ tatsächlich bezeichnete Krankheitsbild, die Achromasie, ist deutlich schwerwiegender: Wer unter ihr leidet, sieht überhaupt keine Farben, lediglich Hell-Dunkel-Kontraste.) Im Alltag behindert die Rot-Grün-Sehschwäche fast gar nicht, aber bestimmte Berufe, wie etwa Lokomotivführer, Bus- und Taxifahrer, Pilot oder Polizist, dürfen mit ihr erst nach Bestehen umfangreicher und besonderer augenärztlicher Untersuchungen ausgeübt werden. Auch wer einen Schifffahrts- oder Flugschein machen möchte, muss diverse Tests absolvieren, unter anderem, weil die Zeichen für Backbord und Steuerbord in Rot und Grün angegeben werden.

Ursache für die Störung ist ein Gendefekt: Verkürzt gesagt fehlen die entsprechenden Rezeptoren, um die Farben erkennen zu können. Rot-Grün-Sehschwäche oder die seltener auftretende Gelb-Blau -Sehschwäche werden vererbt und sind keiner Veränderung unterworfen. Das heißt, die Symptome werden im Laufe der Zeit nicht stärker, sondern bleiben immer gleich stark ausgeprägt. Seit einiger Zeit gibt es Möglichkeiten, Menschen, die an der Rot-Grün-Sehschwäche leiden, ein „normales“ Sehen zu ermöglichen.

Farben sehen dank Smartphone-App und EnChroma-Brille

Zum Beispiel mithilfe der Augmented-Reality-App „Color Binoculars“ von Microsoft. Alles was dazu benötigt wird, ist ein funktionstüchtiges iPhone. Die Kamera des Smartphones filmt die Umgebung, die App tauscht in Echtzeit die Farben so aus, sodass sie auch für Menschen mit besagter Störung erkennbar sind. Deutlich teurer, nämlich rund 350 Dollar, aber dafür etwas bequemer, ist die Brille des Herstellers EnChroma, die ihren Trägern denselben Effekt verspricht. Seit einigen Wochen kursieren Videos von staunenden Menschen im Netz, die die Welt dank der Brille zum ersten Mal in den „richtigen“ Farben sehen. Ob der Effekt wirklich so gewaltig ist, wie viele der Träger behaupten, hängt wohl auch von der Schwere der Störung ab, aber es mehren sich die Berichte von „Versuchskaninchen“, die erstaunt von der großen Farbvielfalt berichten, die sie sehen können, wenn sie die Brille tragen.

Ob das den Preis rechtfertigt, ist die Frage. Denn ein wirkliches Handicap stellt die Krankheit nicht dar. Viele Betroffene wissen gar nicht, dass sie unter der Rot-Grün-Sehschwäche leiden und sind geradezu überrascht, wenn sie die Diagnose bekommen.