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Ghostrider

Der Mensch, dem die Idee zum Autopiloten kam hatte bestimmt einmal das Vergnügen, von meiner Mutter chauffiert zu werden. Die Vorstellung, einer berechenbaren Technik erschien demjenigen seinerzeit vermutlich schon sicherer als das selbstvergessene Temperament einer reiselustigen, älteren Dame.

Vielleicht ist es ja höchste Zeit, bei all dem multitasken Alltag, sich den neuesten technischen Errungenschaften zu ergeben. Wenn man bedenkt, dass es bereits genügend Zeitgenossen gibt, die während der Fahrt nicht nur gleichzeitig Kaffee eingießen, Zigaretten drehen und Routen einspeichern, sondern nebenbei auch noch das Smartphone bedienen und den Internetschuhladen plündern. Viele leben schon jetzt ein Leben neben dem Lenker. Zeitunglesen, Mittagessen, Bordkino, Sudoku, Kleiderwechsel.

Und wer schon Langstrecken mit Kleinkindern im Fond bewältigt hat, ohne Unterstützung durch eine weitere Begleitperson, weiß um die mannigfaltigen Ablenkungen des Familienalltags: verdorbene Kindermägen und die Folgen bei 120 km/h, Schnullersuche, CD-wechsel, Streitereien, verirrte Bienen, Petflaschen mit Überdruck, Handgreiflichkeiten. Der Autopilot wäre auch für Mütter ein Segen.

Auch die Zunahme der halbautomatischen Hilfen stiftet allzu oft Verwirrung und vermindert die eigene Aufmerksamkeit. Wer von einem Fahrzeug mit Abstandsanzeige in eines ohne umsteigt reagiert oft schon wie der pawlowsche Hund und wartet beim Einparken auf das vertraute Fiepen – bis es kracht.
Bald muss keiner mehr mitdenken.

Eine schöne, neue Welt auf der Autobahn, die uns da winkt. Ohne Drängler, Lichthuper und Rechtsüberholer. Oder werden die Autopiloten der Spitzenklasse zusätzlich mit „DTM“-Modus geliefert? Schwer vorstellbar, dass sich ein hormongesteuerter Freizeit-Vettel seinem, vom Bordcomputer auf Sicherheitsabstand  und angepasste Geschwindigkeit gedimmten 420-PS-Schlitten widerstandlos ergeben soll.

Nett ist auch die Idee, dass man im Großstadtgetümmel das Fahrzeug einfach verlassen und auf eigenständige Parkplatzsuche schicken kann. Kreisen dann zahllose verwaiste Familienkutschen um die Fußgängerzone bis man sie mit dem Smartphone zurückpfeift?

Und, wenn menschliches Versagen zukünftig ausgeschlossen werden kann, übernimmt dann Volvo, VW oder Audi die Verantwortung für den Blechschaden oder schlimmeres?

Vielleicht hacken ja zukünftig Computer-Nerds zum Spaß zusätzliche Verkehrsstaus in die Rush-hour.
Macht nichts. Der Autopilot kennt bestimmt eine Umleitung.