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Wacken II

Die Mutter ist in Sorge. Der Pubi fiebert. Seine Augen flattern unruhig hin und her. Er spricht mit sich selbst. Wird´s auch reichen? Hab ich genug Zitronen? Cola-Kisten? Captain Morgan?

Der Pubi feiert seinen  17. Und wie´s halt so kommt, diesmal an einem Samstag. Eine Woche zuvor schlug er vor, dass wir (Alten) doch am Samstagabend essen gehen könnten. Denn ER bräuchte die Terrasse zum Grillen. Dazu müsste er außerdem noch ein paar richtige Boxen besorgen.  In seinem Zimmer wäre dann die Knutschzone. Es kämen nur so 20 Leute (inkl. einer Handvoll geiler Mädels).

Auf keinen Fall.
Es werden keine zwanzig Pseudo-Gangster (inkl. Ladies) pausenlos zwischen seinem Zimmer und meiner Terrasse unterwegs sein und ihre Kippen auf dem Familienraum-Riemenparkett austreten.

Mein Vorschlag, dass die Garage dafür besser geeignet wäre:  völlig uncool. Aber mit der Zeit sickerte der Gedanke doch durch.  In Wirklichkeit blieb ihm auch keine Wahl. Garage oder gar nichts. Angenehmer Nebeneffekt: der Bub machte sich tagelang mit der ihm eigenen Akribie daran, den „Partykeller“ auf Vordermann zu bringen. Quasi mit der Zahnbürste. Der Raum dient im Alltag gleichzeitig als Heimwerkstatt. Jetzt wurde jede Schraube, jeder Holzdübel, jede Flügelmutter weggeräumt. Als er das Ergebnis präsentierte,  kam man sich vor wie bei der Schlüsselübergabe bei Erstbezug. Astrein. Daraufhin folgte die Einrichtung für den Barbetrieb. Allein die Werkbank diente als Technikpult für die Beschallung. Mir schwante übles. Sollte es ein Wacken II werden?

Die Wände wurden mit Schnapswerbung gepflastert. Der Namen des Produktes fordert nebenbei auch sehr deutlich zu zwischengeschlechtlichen Aktivitäten auf – um es mal so zu sagen. Die zusätzlichen, künstlerisch wertvollen Aktposter sollten außerdem den Analphabeten unter den Gästen als visueller Warm-up dienen. Sollten sich an diesem Samstag feministische Hardliner-innen in unsere Garage verirren, wäre auf jeden Fall mit einem Brandanschlag o.ä. zu rechnen.

Doch der weibliche Umgang des Jungen scheint mir ohnehin eher zu jenem zu zählen, der sich am liebsten selbst auf Postern sehen würden. Auf ihren Selfie-Profilbildern sind die 15-jährigen Schönheiten jedenfalls mit einem 25er Make-up und einem heftigen Bambi-Blick unterwegs.

Die gütige Mutter bot die Zubereitung von zwei Kesseln Chilli an, was erstmal dankend abgelehnt wurde – man würde Party-Pizza bestellen. (Das Chilli wurde vorsichtshalber trotzdem gekocht.)

Eigentlich war alles wie seit ehedem. Die Vorbereitung zur Party war schon mal die erste. Die Nachbarn wurden vom braven Buben höflich vorgewarnt. Dann endlich folgte der große Höhepunkt ohne nennenswerte Kollateralschäden. Dafür mit einer unbestimmbare Anzahl von Übernachtungsgästen, die nach einem bösen Erwachen  fleißig und stumm alles wieder zammräumten, um dann mit den Resten des Chillis und der Getränkekisten gegen Abend eine dritte Party steigen zu lassen. (Die Alten waren übrigens keine Minute abwesend.)

Das hätten wir also auch überstanden. Und fürs nächste Jahr, am 18., ist die Garage sowieso zu klein. Da braucht´s dann ein Vereinsheim, eine Stadthalle oder eine Parkdeck.
Am besten im Nachbarort.