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Karneval in Venedig

Eine Freundin rief an. Ob ich Lust hätte mitzukommen, zum Karneval nach Venedig. Mit dem Bus. Eigentlich nicht. Eigentlich zu teuer. Eigentlich will ich meine eigenen Narren zuhause im Auge behalten. Eigentlich mag ich kein Bad in der Menge.

Aber, was soll´s. Meine Narren kommen auch ohne mich aus. Sind alt genug. Außerdem wird Venedig im Februar ja nicht so voll sein.

Eine organisierte Reise mit dem Bus – Koffer abgeben, sich um nix mehr kümmern und genießen – ich dachte immer, das ist was für ältere Damen. Ups, ohne es zu merken, bin ich in die Zielgruppe reingewachsen.

Der Bus war zum Glück nur halbvoll, jeder hatte eine Bank für sich und keinen Stress. Das Hotel stand mit  vielversprechenden vier Sternen im Angebot. Wir nehmen demnach an, dass die italienische Skala mindestens bis 24 reicht. Der Duschkopf sprühte jedenfalls überall hin, nur nicht nach unten. Die Freundin erinnerte sich angesichts ihres Zimmers spontan eines Aufenthalts im Computertomographen.

Aber das Bett ist bei sowas ja zweitrangig. Mit einem Touristenticket für alle Öffentlichen bewaffnet, zogen wir am ersten Morgen los und ins Getümmel. Mit Schirm. Das sollte so den ganzen Tag bleiben. Venedig im Regen hat auch was. In den schattigen, schmalen Kanälen,  zu den grauen Häusern und den kleinen Brücken boten die bunten Schirme einen hübschen Kontrast. Und die Gässchen waren überall belebt. Man möchte sich das im Sommer nicht mal vorstellen. Nur die Masken waren spärlich vertreten. Kein Wunder, wer monatelang an seinem Kostüm arbeitet, setzt es nicht so ohne weiteres der schlechten Witterung aus. Die wenigen, die sich ihren Spaß nicht nehmen ließen, standen auch artig Model für all die Handys und Pads, ließen sich dafür willig von meist asiatischen Touristen unterhaken, aber ihre ausdruckslosen Masken verrieten nichts über ihre Stimmung. Unter den Touristen war sie jedenfalls entspannt. Einzig der ein oder andere dienstleistende Venezianer ließ seinem Unmut freien Lauf. Gilt unsere Heimat gerne als Servicewüste, reißt sich in der Lagune jedenfalls auch keiner ein Bein aus.

Lag es an der Jahreszeit? Jedenfalls waren die Preis ziviler als befürchtet. O.K: das Stück Kuchen „nach Großmutters Art“ im Café am Markusplatz für 8 Euro wurde Gabel für Gabel ehrfürchtig gekaut. Aber Cappuccino, Pizza und taglliatelli ai funghi kosten bei unserem Italiener, in einer deutschen Kleinstadt, genauso viel.

Mit dem Touri-Ticket lässt sich die Inselgruppe komplett und günstig erschließen. Hop-on – hop-off. Am zweiten Tag standen St. Michele, Murano und Burano auf dem Programm. Und wieder war man nirgends allein. Die kleinen Bars, Schicki-Micki-Shops, Maskenkünstler, Taschenläden in den winkligen Gassen waren bis spät am Abend belebt. Fliegende Händler verkaufen dieser Tage mehr Schirme als Masken. Aufwändig Maskierte bevölkerten die Cafés am Markusplatz. Und wir Touris gafften frech durch die beschlagenen Fensterscheiben und knipsten über Köpfe hinweg verwackelte Bilder. Wassertaxis chauffierten Karnevalmasken zu Hausbällen in alten Palazzi, an denen Lakaien in goldener Livree die Gäste empfingen – irgendwie unwirklich.

Aber der Höhepunkt an jedem Abend: Auf den Freisitzen des Vaporettos (Wasserbusse) durch den bezaubernd beleuchteten Canale Grande schippern.
Einmal rauf, einmal runter.