Den ganzen Tag Kaffee trinken

Den ganzen Tag Kaffee trinken

Die EU-Generalanwältin, die zwischen ihren Karrierestufen immer wieder eines ihrer sechs Kinder zur Welt brachte, wurde eine Zeit lang ehrfurchtsvoll in den Medien herumgereicht.

Die Frau leistet schließlich Erstaunliches. Gemeint ist der Spagat zwischen Mutterschaft und beruflichem Erfolg. Ohne ihr Engagement schmälern zu wollen, macht sie aber letztlich nur das, was Männer schon immer tun. Delegieren. Denn auch sie erledigt nicht zwei Dinge gleichzeitig. Erst mal macht sie ihren Job. Und dank ihres guten Einkommens führt sie mit Hilfe einer Crew an Nannys, Haushaltshilfen, Nachhilfelehrern etc. das gleiche Leben wie ihr Mann (der nichts anders macht wie Männer zu allen Zeiten und deshalb eher selten in Talkshows auftritt).

Jene Elternteile, die dank eines für die ganze Familie ausreichenden Einkommens des anderen Teils, aus welchen Gründen auch immer all diese Aufgaben selbst erledigen, müssen sich dagegen mittlerweile ständig rechtfertigen. Grundsätzlich wird dabei charmanter Weise unterstellt, dass einen das Erledigen dieser Arbeiten ohne Arbeitsvertrag und eigenem Einkommen geistig unterfordert. Wer aber für andere Kinder erzieht, hütet, bekocht, fördert, einen Haushalt führt, die finanziellen Dinge regelt, den Garten in Schuss hält, Termine vereinbart, Handwerker organisiert und beaufsichtigt, etc., führt einen ordentlichen Titel (Erzieherinnen, Lehrer, Physiotherapeuten, Seelsorger, Steuerberater, Gärtner, Sozialpädagoge, Caterer, Chefsekretärinnen, Bauleiter…), bekommt dafür ein geregeltes Einkommen und zahlt in die Rentenkasse. Erzieherinnen, die ihre Kinder in die eine Kita bringen, um in der anderen in Vollzeit zu arbeiten, sind gesellschaftlich angesehener als Nur-Hausfrauen (im Gegensatz zu Hausmännern – bei Frauen jedenfalls.) Allein der Titel selbst ist verpönt, so ähnlich wie der der Putzfrau oder Kindergärtnerin. Wer seinen Alltag mit Kinderbetreuung und Haushalt verbringt, bewirbt sich auf Wahllisten euphemistisch als Familienfrau. Dabei gäbe es gar nix zum Schönreden. Wer den ganzen Tag den eigenen Laden schmeißt sieht oft genug bei aller Anstrengung kein konkretes Ergebnis und ist trotzdem oder gerade deshalb berechtigterweise am Abend platt.

Waren es früher die Männer, die gönnerhaft die häusliche Arbeit belächelten, (bis man begann, ihren Anteil einzufordern) sind es mittlerweile die Geschlechtsgenossinnen, die, wenn sie einen bei einem Pausen-Kaffee im Einkaufszentrum sitzen sehen mit den Worten begrüßen: Ja, die Hausfrauen…. Die wenigen Väter allerdings, die ich kenne, die die Kinderbetreuung nach der Geburt übernommen hatten, waren am Ende alle froh, wieder im geregelten Arbeitsalltag zurück zu sein. Andererseits wundert sich eine Sachbearbeiterin, die fleißig ihre neun Stunden täglich mit immer gleichen Arbeitsabläufen und geregelten Pausen herumbringt, wieso eine einfache Hausfrau überhaupt in den Genuss einer Kur kommt. Nach wie vor ist das, was in den eigenen vier Wänden geleistet wird, nichts wert. Und ich rede nicht vom Geld.

Wohl dem, der nach seiner Fasson entscheiden kann, das ein oder andere oder auch beides zu tun.

Denn es gibt ja auch jene, die sich unfreiwillig zwischen den Welten aufreiben, die keine Wahl, keine Oma und nicht genug Mittel für anderweitige Hilfe haben. Die in aller Herrgottsfrühe selbst die Kinder im Schlafanzug bei der Tagesmutter abliefern, um pünktlich in der Frühschicht zu sein. Die auf dem Rückweg noch einkaufen, den Wertstoff abliefern, das Auto zur Reparatur bringen, für Arzttermine der Kinder freinehmen müssen, abends um 10 noch für den nächsten Tag vorkochen, wenn sie mit der Wäsche durch sind. Die das Kindergeld für andere Dinge aufwenden als für Reitstunden und Chinesischkurs.
Respekt.