24 buecher leiht man nicht inges dinge hallo

Bücher leiht man nicht, Bücher hat man …

Das war der pathetisch betonte Kommentar eines Tischnachbarn mit Doktor-Titel, bei einem Small-Talk über Bücher im Allgemeinen und Bibliotheken im Besonderen. Unnötig zu betonen, dass in des Doktors Haus der komplette Wohnraum einseitig mit Bücherregalen bis zur Decke befüllt ist. Fett demonstrierte Bildung. Aber auch hier gilt: Ein Buch ist ein Spiegel, aus dem kein Apostel herausgucken kann, wenn ein Affe hineinblickt. Behauptet wenigstens Lichtenberg.

In all den Jahren, bei all den Umzügen ist schon einiges zusammen und wieder weg gekommen. Jetzt wollte doch der Heimwerker mal schnell einen neuen Boden im Treppenhaus verlegen und delegierte die niederen Arbeiten an das Fußvolk: das Bücherregal muss ausgeräumt werden. Das ist ja gleich passiert, wenn man zusammen anpackt.

Und schon fällt der Tochter ein altes Bilderbuch in die Hände. Mit einem seligen Lächeln senkt sich das Kind im Schneidersitz in die Ecke. Mir ergeht es nicht besser. Es ist fast, wie alte Platten hören: Das Buch hab ich im Urlaub in Irland gelesen, dieses im Zug nach Berlin. Die Biographie mit Widmung war das erste Geschenk des Heimwerkers. Ein Fontane-Band mit Goldlettern und steifen Grüßen, die erste Liebesgabe meines Vaters an meine Mutter. Es gibt Dinge, die kann man nicht aussortieren. Es gibt meterweise Bestsellerkrimis über schwedische Psychopathen oder norwegische Frauenmörder, die sich schmerzfrei im Bananenkarton versenken lassen. Aber nicht das historische Frauenbuch mit gewählten Eselsohren und Marginalien in Bleistift. Nicht das vom Hamster angefressene Bilderbuch, das man gefühlt 20.000-mal vorlesen musste (und schon frei aufsagen konnte, inkl. Impressum). Aber das Diktatübungsbuch, mit dem man an öden Sonntagnachmittagen belästigt wurde. Das kann weg. Nicht aber der Wilhelm-Busch-Schinken (größer als ein Atlas), der Text in ätzender Fraktur gedruckt, vor dem man als Kind auf dem Bauch lag und sich bei der einen oder anderen Seite gefürchtet hatte, umzublättern.

„Für das bisschen Regal braucht ihr zwei Stunden?“ „Ja, und der Rest gehört dir – bitte gleich aussortieren“. Die englischen Potterbücher bleiben auf jeden Fall! Das Buch für den Segelschein 1987 – wer weiß, wozu man das noch brauchen kann. Nesbø ist Kult, bleibt da. Ach das, das hab ich von meiner ersten großen Liebe, sowas gibt man doch nicht her. Reiseführer Ägyptern 1986, weg.
Väter sind die besten Mütter, das ist auch bald überstanden.

Vieles wurde schon gekauft und dann doch nicht gelesen. Und manche Phasen sind einfach abgeschlossen. Und ich weiß ja, was ich gelesen habe. Muss keinem was beweisen.
Ich mach lieber Platz für Neues.